Viele Menschen kennen Herzstolpern – sogenannte Extrasystolen. Dabei fühlt es sich an, als würde das Herz kurz aussetzen oder einen Hüpfer machen. Meist spürt man dabei ein Rumpeln im Brustkorb, was viele verunsichert und zu Angst, bis hin zur Panik führen kann.
In diesem Beitrag soll es darum gehen, was Extrasystolen eigentlich sind – und was sie nicht sind. Und vor allem, wie Sie damit umgehen können, wenn Sie davon betroffen sind, um wieder ein entspanntes Leben führen zu können.
Was sind Extrasystolen?
Bei einer Extrasystole passiert „eigentlich“ nur, dass ein Herzschlag etwas früher einfällt. Danach kommt eine kleine kompensatorische Pause und daraufhin der nächste Herzschlag. Beim vorzeitigen Schlag ist die Herzkammer noch nicht wieder so sehr mit Blut gefüllt, darum fühlt sich dieser Schlag etwas schwächer an. Dafür ist dann beim nächsten Schlag durch die längere Pause etwas mehr Blut in der Herzkammer, so dass sich dieser etwas kräftiger anfühlt. Das ist dann das, was sich als Rumpeln im Brustkorb bemerkbar macht. Extrasystolen können auch als Salven auftreten, d. h. als mehrere vorzeitige Schläge hintereinander. Genau genommen stolpert das Herz also eigentlich gar nicht, es schlägt nur nicht ganz so gleichmäßig. Es kommt lediglich ein wenig aus dem Takt.
Wie kommt es zu Extrasystolen und warum sind sie nicht gefährlich?
Ein Grund, warum Extrasystolen Ängste auslösen, ist sicher, dass sie sich erstmal fremd und falsch anfühlen, wenn sie das erste Mal auftreten oder plötzlich häufiger als bisher.
Ein anderer Grund ist, dass wir von unserem Körper oft eine eher technische Vorstellung haben. So als wäre unser Herz der Motor eines Autos, der plötzlich anfängt zu stottern und kurz darauf den Geist aufgibt. Aber der Körper ist keine Maschine, sondern ein lebendes System, das sich permanent an die Schwankungen im Außen und Innen anpasst. Und dabei kann es auch mal zu Fehlzündungen kommen, d.h. der Körper schießt bei seinen Anpassungsbemühungen auch mal hier und da ein bisschen übers Ziel hinaus. Aber das ist dann nicht automatisch ein Zeichen für eine Krankheit oder eine bevorstehende Katastrophe. Vielleicht kennen Sie auch, wenn das Augenlid manchmal zuckt. Auch hier kommt es zu einer Überaktivierung des Nervensystems und in Folge dessen zu diesem Lidflattern. Die wenigsten von uns geraten deswegen in Panik.
Und so ähnlich ist es mit dem Herzen auch. Manchmal geraten die Prozesse ein bisschen durcheinander, gerade und besonders, wenn wir viel Stress haben. Dann geht unser Nervensystem in Habacht-Stellung und überreagiert ein bisschen, indem es vorzeitige Herzschläge auslöst, auch wenn wir eigentlich nur entspannt auf dem Sofa sitzen oder im Bett liegen. Es ist sozusagen übermäßig bereit, in den Flucht-oder-Kampf-Modus zu wechseln. Vielleicht vergleichbar mit einem eifrigen Motorradfahrer an der roten Ampel, der trotzdem schon mal mehrfach kurz das Gas betätigen muss, weil er endlich los will.
Das heißt also, dass es Ihr Körper gut mit Ihnen meint und dass das Herz genau das tut, was es soll, auch wenn wir Extrasystolen haben. Das ist nicht gefährlich, sondern Ausdruck unserer Lebendigkeit und Anpassungsfähigkeit. Und die bewegt sich auch manchmal außerhalb der von uns erwarteten Normen, ohne dass das negative Folgen hat. In der Medizin nennt man das funktionelle Störung: Es gibt Symptome, aber diese haben keinen Krankheitswert.
Wie kann man mit Extrasystolen umgehen?
1. Ärztliche Abklärung
Bei jedem körperlichen Phänomen, das neu auftritt oder plötzlich deutlich an Intensität zunimmt, ist es durchaus ratsam und vernünftig, erst einmal zum Arzt zu gehen. Herzrhythmusstörungen können in manchen Fällen eine ernstere Krankheit als Ursache haben, vor allem, wenn Sie schon älter sind und gesundheitliche Probleme haben.
Der Hausarzt ist hier zunächst die richtige Adresse. Er wird ein Ruhe-EKG machen, wo er schon mal erkennen kann, ob es Anzeichen für eine ernste Erkrankung gibt oder nicht. Und er wird vermutlich auch ein Blutbild veranlassen, um weitere mögliche körperliche Ursachen auszuschließen. Eventuell wird er Sie noch zu einem Kardiologen überweisen. Wenn Ruhe-EKG und Blut unauffällig waren, dann dient das in erster Linie zur Bestätigung, dass wirklich alles in Ordnung ist, und für Sie zur Beruhigung.
Falls sich bei diesen Untersuchungen etwas findet, ist das insofern eine gute Nachricht, als dass die Grunderkrankung behandelt werden kann. Aber in den allermeisten Fällen, vor allem, wenn Sie noch jung sind, werden Sie wahrscheinlich zu hören bekommen, dass alles in Ordnung ist.
2. Wissen ist Macht
Diese Information „Alles in Ordnung“ beruhigt viele, aber nicht alle. Denn diese Aussage widerspricht dem persönlichen Empfinden. Da rumpelt doch etwas, also ist doch nicht alles in Ordnung?!
Das dabei entstehende Gefühl der Angst kann ganz konkret sein, z. B. dass das Herz stehen bleiben könnte. Sie kann sich aber auch eher durch ein diffuses Gefühl der existentiellen Bedrohung äußern. In beiden Fällen kann Wissen dazu beitragen, dieses Gefühl zu verringern.
Schreiben Sie sich also am besten vor dem Besuch beim Arzt alle Ihre Fragen auf, so dass Sie sie dann dort stellen können. Wenn Ihnen nachher noch Fragen kommen, können Sie nochmal einen Termin vereinbaren. Oder Sie schauen, ob Ihre Krankenkasse eine medizinische Hotline anbietet, bei der Sie Ärzten in Ruhe alle Ihre Fragen stellen können.
Das kann zu einem tieferen Verständnis führen, dass tatsächlich alles in Ordnung ist und vor allem auch warum. Und das wiederum kann die Angst reduzieren.
3. Auslöser der Extrasystolen reduzieren
Wenn Sie beim Arzt waren, werden Sie vermutlich wissen, woher Ihre Extrasystolen kommen. Sollte eine Erkrankung dahinterstehen, z. B. eine Grunderkrankung des Herzens oder eine Schilddrüsenüberfunktion, geht es natürlich darum, diese zu behandeln. Haben Sie einen Magnesium- oder Kaliummangel, können Sie diesen ausgleichen.
Meist wird keine greifbare Ursache gefunden und dann heißt es, dass Stress der Auslöser ist. Stress bedeutet entweder ein Zuviel von etwas Unangenehmem oder ein Zuwenig von Angenehmem, oft geht Beides Hand in Hand. Äußeren Umstände können Stress auslösen, aber auch im inneren Faktoren. Schauen Sie, wie Sie Stress in Ihrem Leben reduzieren können. Wo können Sie etwas Unangenehmes wegnehmen und wo können Sie etwas Angenehmes hinzufügen? Meist muss man nicht das ganze Leben komplett umkrempeln. Auch ein, zwei kleine Änderungen können schon einen guten Effekt haben.
Vermeiden oder reduzieren Sie sämtliche aktivierende Substanzen wie Kaffee, Alkohol, Zigaretten, Drogen, aber auch ein Übermaß an Zucker.
All das kann die Häufigkeit von Extrasystolen deutlich reduzieren.
4. Für einen gesunden Lebensstil sorgen
Dieser Tipp kommt ja bei nahezu jedem Problem. Und auch bei Extrasystolen kann es sich lohnen:
- auf ausreichend erholsamen Schlaf zu achten
- sich gesund und abwechslungsreich zu ernähren
- genug Wasser zu trinken
- sich zu bewegen
- am besten an der frischen Luft in der Natur
- gute Beziehungen zu anderen Menschen zu pflegen
- sich seinen Hobbys zu widmen
- und auch für genug Entspannung und Erholung zu sorgen.
Mehr dazu finden Sie in diesem Beitrag, und Tipps zur Umsetzung im Alltag in diesem.
5. Umgang mit der Angst vor Extrasystolen
Angenommen, Sie haben das jetzt alles gemacht – Sie waren beim Arzt, der Ihnen gesagt hat, dass alles in Ordnung ist. Sie haben alle Ihre Fragen einem Mediziner gestellt und beantwortet bekommen- Sie wissen also auch, warum alles in Ordnung ist. Sie haben Ihren Stress reduziert und praktizieren einen gesünderen Lebensstil. Und Ihre Extrasystolen kommen vielleicht sogar schon seltener. Und trotzdem haben Sie sie immer noch und Sie haben auch immer noch Angst davor, eventuell sogar immer noch sehr große. Dann ist es an dieser Stelle gut, sich nochmal ganz konkret mit der Angst zu beschäftigen.
Erstmal: Ihre Angst ist verständlich und nachvollziehbar. Es geht ganz vielen Menschen so wie Ihnen. Wir alle wissen, welche Bedeutung das Herz für unser Leben hat – nämlich eine ziemlich große. Von daher ist es klar, dass Unregelmäßigkeiten oder andere ungewöhnliche Empfindungen als bedrohlich empfunden werden können.
Wie beim Teufelskreis der Angst beschrieben, entsteht Ihre Angst also dadurch, dass Sie Extrasystolen haben, diese wahrnehmen und diese Wahrnehmung als Gefahr für Ihr Leben interpretieren. Das kann auch weiter anhalten, obwohl Sie inzwischen eigentlich rein vom Verstand her wissen, dass keine Gefahr besteht. Das heißt auch nicht, dass mit Ihnen etwas nicht stimmt. Unser Gehirn ist aufs Überleben ausgelegt, und daher hält es im Zweifelsfall lieber einmal zu viel an der Angst fest, als etwas zu übersehen, auch wenn unser Verstand etwas anderes sagt.
Was können Sie tun? Schreiben Sie am besten alles auf, was Sie gelernt haben, warum Ihre Extrasystolen harmlos sind. Was spricht dafür? Was spricht dagegen? Oft finden sich einige konkrete Fakten, die dafür sprechen (die Untersuchungen haben bestätigt, dass Sie gesund sind; Extrasystolen sind in der Regel harmlos, etc.), und nur wenige, eher diffuse Gründe, die dagegen sprechen (z.B.: es gibt keine 100%ige Sicherheit). Und dann schauen Sie sich das möglichst häufig an, vielleicht am Anfang sogar zwei bis drei Mal pro Tag, damit sich diese Information in Ihrem Verstand festigen können. Fehlt noch etwas in Ihrer Liste? Dann sprechen Sie nochmal mit einem Arzt.
Als nächstes können Sie dazu übergehen, daraus einen griffigen Satz zu entwickeln, der diese Informationen für Sie gut zusammenfasst. Wichtig ist, dass er positiv formuliert ist, da Ihr Gehirn keine Verneinungen erkennen kann. Also statt: „Ich werde nicht sterben“, was in Ihrem Kopf automatisch das Bild des Sterbens hervorruft, wäre vielleicht: „Mein Herz ist gesund und mir wird es gut gehen“ hilfreicher.
Sie können es auch etwas humorvoller formulieren und mit positiven Bildern verknüpfen, z. B.: „Mein Herz macht nur einen Hüpfer“, „Mein Herz will nur spielen wie ein kleiner Hund“ oder „Mein Herz nimmt seinen Job gerade mal wieder SEHR ernst“. Finden Sie etwas, dass sich für Sie stimmig und gut anfühlt. Und dann lassen Sie Ihren Satz immer mal wieder eine Weile auf sich wirken bzw. das positive Bild vor Ihrem inneren Auge entstehen. Das Ziel ist, ihn bzw. es so gut zu verinnerlichen wie ein Bobfahrer die Eisbahn. Sie bereiten sich dadurch mental auf die Begegnung mit den Extrasystolen vor.
Im nächsten Schritt nehmen Sie sich dann vor, den Satz anzuwenden, wenn Sie wieder Extrasystolen verspüren. Immer, wenn Sie Extrasystolen spüren, denken Sie an Ihren Satz oder Ihr Bild. Dadurch verändern Sie den Teufelskreis von einem automatischen „Mein Herz stolpert, ich denke, ich bin in Gefahr und bekomme Angst“-Kreislauf zu einem „Mein Herz stolpert, ich denke meinen positiven Satz und fühle mich gelassener“-Kreislauf. Rechnen Sie aber damit, dass es nicht gleich perfekt klappt. Wenn Sie nur eine kleine Reduktion Ihrer Angst spüren, sind Sie auf dem richtigen Weg. Und dann heißt es: Üben, üben, üben.
Parallel dazu können Sie Entspannungstechniken anwenden, die Sie am besten trainieren, wenn Sie gerade ruhig sind. Hierzu eignen sich Atemübungen und Progressive Muskelentspannung. Wenn Sie beides gut beherrschen, können Sie, sobald Sie Extrasystolen und die damit verbundene Angst verspüren, tief atmen und Ihre Muskeln lockern. Das Gehirn registriert dann, dass Ihre Atmung ruhig und Ihre Muskeln entspannt sind, und schlussfolgert daraus, dass ja gar keine Gefahr bestehen kann, was auch zu einer Verringerung Ihrer Angst beitragen kann.
Oft werden harmlose Extrasystolen auch besser, wenn Sie anfangen sich zu bewegen. Das ist vor allem am Anfang gut zur Entlastung, wenn Sie noch große Angst verspüren. Mit der Zeit werden Sie aber immer weniger darauf zurückgreifen müssen.
Nach und nach können Sie dann immer mehr Ihr Leben leben, so wie Sie es gerne möchten, obwohl Sie Extrasystolen haben. Vielleicht haben Sie bisher deswegen einiges vermieden, z.B. Sport zu machen. Mit Ihren gelernten Anti-Angst-Techniken können Sie nun anfangen, sich langsam wieder mehr zuzutrauen. Vielleicht fangen Sie erstmal klein an mit Spaziergängen, bevor Sie sich immer mehr steigern.
Und dann werden Sie mit der Zeit sehen, dass Ihre Angst weniger wird, und Sie werden feststellen können, dass Sie auch MIT Extrasystolen entspannt leben können und sich nicht einschränken müssen. Es gibt viele Menschen, die sie jeden Tag verspüren und sich davon nicht aus der Ruhe bringen lassen. Und das können Sie auch erreichen. Manchmal bleibt eine kleine Restunruhe oder man erschrickt kurz, wenn das Herz wieder „stolpert“, aber das können Sie dann wahrscheinlich gut tolerieren.
Fazit
Ich hoffe, dieser Artikel hat Ihnen dabei geholfen, eine Idee zu entwickeln, wie Sie besser mit Ihren Extrasystolen und der Angst davor umzugehen können. Geben Sie sich und Ihrer Angst etwas Zeit. Extrasystolen können sehr bedrohlich wirken, so dass es etwas Geduld und Übung braucht, um wirklich entspannt damit umzugehen zu können. Erwarten Sie also weder von sich, noch von anderen eine schnelle Lösung. Es lohnt sich aber aus meiner Sicht, die Zeit und die Arbeit hier hineinzustecken.
Wenn es Ihnen trotzdem schwerfällt, damit fertig zu werden, oder Sie diesen Weg nicht alleine gehen wollen, schreiben Sie mir, und ich begleite und unterstütze Sie gerne dabei.