Die „Stimmen“ in meinem Kopf, Teil 1 – Wie man gut mit seinen Gedanken umgehen kann

März 1st, 2021

Gedanken

„Glaub nicht alles, was du denkst.“

In dieser dreiteiligen Serie möchte ich über das große Thema Gedanken und wie man mit ihnen umgehen kann schreiben. Im heutigen Teil geht es darum, was Gedanken eigentlich sind, wo sie herkommen und welchen Zweck sie verfolgen. Außerdem beschreibe ich drei allgemeine Wege, wie man mit seinen Gedanken gut umgehen kann. Beim nächsten Mal geht es darum, wie uns bestimmte Glaubenssätze und Überzeugungen, die wir über uns, andere Menschen und die Welt um uns herum haben, positiv und negativ beeinflussen können und wie wir sie gegebenenfalls verändern können. Und im dritten Teil geht um sogenannte Denkfehler und warum ich denke, dass es eigentlich gar keine „Fehler“ sind – und warum es trotzdem sinnvoll sein kann, sie im Auge zu behalten.

Ich hoffe, dass diese Serie für Sie nützlich sein wird, sich mehr bewusst zu werden, was Sie eigentlich denken, und einen bewussteren Umgang mit Ihren Gedanken zu finden.

Was sind Gedanken eigentlich?

In meinem Beitrag über das Gehirn habe ich über die drei Teile des Gehirns und deren verschiedene Funktionsbereiche geschrieben. Vereinfacht gesagt kümmert sich das Stammhirn um alle körperlichen Vorgänge, das limbische System um die Emotionen und die Großhirnrinde um das Denken. Das Ziel ist dabei immer unser Überleben und Wohlbefinden.

Denken bedeutet, dass wir uns etwas vorstellen, uns an etwas erinnern, etwas bewerten, etwas planen, uns eine Lösung überlegen, eine Idee haben und vieles mehr. Dabei denken wir sowohl sprachlich, also mit Wörtern, als auch oft bildlich.

Wie entstehen Gedanken?

Neurobiologisch betrachtet sind Gedanken elektrische Ströme im Gehirn, die in den Nervenzellen entstehen, die miteinander vernetzt sind, und zwischen ihnen hin und her fließen. Bei jedem Gedanken werden gleichzeitig ganz viele Nervenzellen in unterschiedlichen Regionen in unserem Gehirn aktiv.

Denken – und das ist ganz wichtig – passiert ganz spontan. Es ist der Job unseres Gehirns bzw. der Großhirnrinde und diesem geht sie fleißig nach. Von dem Moment an, an dem wir morgens unsere Augen aufschlagen, bis zu dem Moment, in dem wir abends einschlafen. Versuchen Sie mal, an nichts zu denken… das dürfte recht schwierig werden. Wir können aber neben diesem automatischen Dauerdenken auch bewusst und absichtlich denken. Wenn ich Ihnen sage, dass Sie jetzt mal an eine Schale Erdbeeren denken sollen, dann können Sie das wahrscheinlich ohne große Probleme, richtig? Umgekehrt denken Sie wahrscheinlich auch an die Schale Erdbeeren, wenn ich Sie darum bitte, jetzt nicht mehr daran zu denken. Außer Sie beschließen, bewusst an etwas anderes zu denken, z.B. an eine Orange. Das liegt daran, dass unser Gehirn solche Verneinungen nicht verarbeiten kann.

Ich erwähnte ja bereits, dass das Ziel aller Prozesse unseres Gehirns unser Überleben und Wohlbefinden ist. Denken soll also dafür sorgen, dass wir unsere inneren Vorgänge und unsere Außenwelt bewusst gedanklich verarbeiten können und zu einer Einsicht oder einem Plan gelangen können, welche dafür sorgen, dass es uns auch weiterhin gut geht. Leider klappt das nicht immer so gut mit dem Wohlbefinden, denn unser Gehirn neigt auch dazu, im Sinne des Überlebens gerne mal ein wenig zu übertreiben – Gedankenkreisen, Grübeln, aufsässige Gedanken sind die Folge und können uns das Leben ganz schön schwer machen.

Wie geht man mit seinen Gedanken um?

Sie haben jetzt schon gelernt: Ihre Gedanken sind eine ganz normale Aktivität Ihres Gehirns. Gedanken sind ein Teil von Ihnen, aber Sie sind trotzdem nicht Ihre Gedanken. Ihre Gedanken sind außerdem nicht unbedingt identisch mit der Wirklichkeit. Wie bereits gesagt: Unser Gehirn ist fürs Überleben ausgelegt, nicht darauf, ganz akkurate Ergebnisse zu liefern. Und es macht dann lieber etwas zu viel des Guten, als etwas zu übersehen, das uns gefährlich werden könnte. Dazu komme ich dann noch genauer im dritten Teil, wenn es um die Denkfehler geht. Für den Moment reicht es zu wissen, dass Sie Ihre Gedanken nicht automatisch für bare Münze nehmen müssen.

Wir können uns schwierigen Gedanken, die uns belasten auf verschiedenen Ebenen zuwenden – über die geistige, also kognitiv, mit Achtsamkeit oder von unten her, über die körperliche Ebene.

1. Kognitiver Umgang mit Gedanken

Ein erster Schritt für einen bewussteren Umgang mit seinen Gedanken ist, sich diese bewusst machen. Oft läuft unser Denken automatisch und nebenher ab, und irgendwie gelangen wir in eine negative Gedankenspirale und merken es erst, wenn wir uns völlig darin verfangen haben. Und manchmal merken wir einfach nur, dass wir uns mies fühlen und sich unser Körper verspannt und schlapp anfühlt, ohne unsere Gedanken bewusst wahrzunehmen.

Um sich seiner Gedanken bewusst zu werden, kann es helfen, diese aufzuschreiben:

  • Welches Thema oder welche Themen beschäftigen Sie gerade?
  • Was geht Ihnen dazu durch den Kopf? Was würden Sie jemand anderem erzählen, was gerade mit Ihnen los ist?
  • Wenn Sie so Ihre typischen Gedankenmuster identifiziert haben, können Sie Ihnen auch eher mal auf die Schliche kommen, bevor Sie sich völlig in Ihnen verheddern. Dann können Sie realisieren, dass Sie gerade wieder Gedanken X haben, z.B. „immer sind alle so gemein zu mir“ und dann schneller darauf reagieren.

Eine Methode, die manchmal für den Umgang mit negativen Gedanken empfohlen wird, ist der Gedankenstopp. Sie beinhaltet, dass Sie, wenn Sie merken, dass Sie einen unerwünschten Gedanken haben, sofort „Stopp“ denken oder sagen. Probieren Sie ruhig aus, ob das für Sie funktioniert. Es kann aber auch passieren, dass je mehr Sie einen Gedanken stoppen wollen, desto aufsässiger er sich in Ihr Bewusstsein drängt. Das hat mit der oben genannten Unfähigkeit unseres Gehirns zu tun, Verneinungen zu verstehen.

Da kann es dann hilfreicher sein, bewusst an etwas anderes zu denken, also seinen Fokus zu verändern. Oder, wenn das auch nicht funktioniert, sich im Gegenteil seinen Gedanken ganz bewusst zuzuwenden und sie genau zu analysieren und zu verändern. Wie das geht, erkläre ich im dritten Teil dieser Serie.

2. Achtsamkeit

Ein weiterer Weg, um mit seinen Gedanken umzugehen, ist die Achtsamkeit. Achtsamkeit geht von der Prämisse aus, dass alles im Fluss ist und sich auch ohne unser Zutun verändert. Kein Gedanke bleibt ewig, wenn wir uns nicht mit ihm verheddern und ihn aktiv festhalten. Unser Gehirn wird sich von alleine wieder anderen Dingen zuwenden, wenn wir es lassen. Gedanken werden verglichen mit Blättern, die auf einem Bach an uns vorbeischwimmen. Oder Wolken, die am Himmel vorbeiziehen. Sie kommen und sie gehen auch wieder. Sie können entsprechend Ihre Gedanken bewusst wahrnehmen und sie dann wieder ziehen lassen.

Wenn Sie also den Gedanken „Immer sind alle so gemein zu mir“ wahrnehmen, dann lassen Sie ihn zu – denn er ist jetzt sowieso da. Sie können sich eine innerliche – wertungsfreie – Notiz machen, z.B.: „Ah, da ist dieser Gedanke wieder.“ Oder Sie nehmen ihn einfach nur als irgendeinen Gedanken wahr, also: „Da ist ein Gedanke.“ Beobachten Sie ihn, ohne auf ihn zu bewerten oder auf ihn zu reagieren. Das müssen Sie nämlich gar nicht. Sie müssen das Blatt nicht verteufeln, weil es da im Fluss schwimmt. Sie müssen es auch nicht aus dem Wasser fischen oder die Wolke vom Himmel zerren – Sie dürfen, aber Sie müssen es nicht. Und dann lassen Sie den Gedanken weiterziehen. Er wird von ganz alleine wieder weggehen.

3. Körperlicher Umgang

In meinem Beitrag über das Gehirn schrieb ich ja, dass der Spruch „Ich denke, also bin ich“ vielleicht oft eher umgekehrt stimmt, also „Ich bin, also denke ich.“ Da unser Stammhirn und das limbische System die älteren Teile unseres Gehirns sind und es deutlich mehr Nervenbahnen von ihnen hinauf zu Großhirnrinde gibt als umgekehrt. Das heißt, wie wir körperlich und emotional drauf sind, bestimmt unsere Gedanken deutlich mehr, als dass wir mit unseren Gedanken unsere Emotionen und Körperempfindungen steuern können.

Das heißt im Schluss dann aber auch, dass wir, wenn wir unsere Gedanken positiv beeinflussen wollen, vielleicht erstmal ganz rudimentär bei unserem Körper anfangen sollten. Es heißt ja auch so schön „Ein gesunder Geist wohnt in einem gesunden Körper.“ Vielleicht haben Sie das ja auch schon gemerkt, dass es Ihnen leichter fällt, aus einer Gedankenspirale herauszukommen, wenn Sie einen Spaziergang gemacht haben, als wenn Sie sitzengeblieben sind und versucht haben, auf andere Gedanken zu kommen.

Wenn wir uns um unser körperliches Wohlbefinden kümmern, wenn wir für genügend Schlaf sorgen, genug Wasser trinken, uns regelmäßig bewegen, an die frische Luft kommen und uns ausgewogen ernähren, dann werden wir uns sehr wahrscheinlich ganz automatisch besser fühlen und auch positivere Gedanken haben, als wenn wir diese Dinge alle weglassen. Wenn Sie also viel grübeln, dann schauen Sie auch auf diese Bereiche, ob es einen Unterschied für Sie macht, wenn Sie bei Ihrem Körper ansetzen.

Fazit

Zusammenfassend möchte ich Ihnen daher diese vier Tipps mit auf den Weg geben:

  1. Nehmen Sie Ihre Gedanken nicht zuuu ernst.
  2. Lassen Sie sie zu – es sind „nur“ Gedanken.
  3. Alles geht vorbei – auch Ihre Gedanken.
  4. Tun Sie Ihrem Körper etwas Gutes – es wird auch Ihren Gedanken zugute kommen.

Ich hoffe, diese Ausführungen und Tipps helfen Ihnen dabei, besser mit Ihren Gedanken umzugehen. Schreiben Sie mir gerne, was für Sie am hilfreichsten ist – oder welche anderen Strategien Sie anwenden.

Wenn es Ihnen dennoch schwerfällt, mit Ihren Gedanken umzugehen, und Sie sich Unterstützung dabei wünschen, schreiben Sie mir gerne eine Nachricht.

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